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Endoskopische, bildverarbeitungsgestützte Diagnostik frühmaligner Veränderungen bei Barretts-Ösophagus.

Inhalt

Einer der Schwerpunkte der gastrointestinalen Endoskopie neben therapeutischen Implikationen liegt in der Erkennung von bösartigen  Veränderungen oder deren Frühveränderungen im Bereich des gesamten Gastrointestinaltraktes. Diese Veränderungen sind selbst für die heute in Verwendung befindliche High?Definition?Endoskopie nur inkonstant makroskopisch erfassbar. Zusatzverfahren haben die Detektionsraten von frühmalignen Veränderungen wohl erhöhen können, die diagnostische Treffsicherheit in speziellen Organgebieten (z. B. Ösophagogastrale  Junktion).  Übergangszone zwischen Speiseröhre und Magen) ist jedoch nach wie vor unbefriedigend.
Die Endoskopie ist derzeit ein sehr aktiver Bereich der klinischen  Gastroenterologie in Bezug auf klinisch angewandte Forschung. So konnten in der  vergangenen Dekade durch die Einführung der hochauflösenden Endoskop-Prozessoren und obgenannter Spezialverfahren wie vor allem der Endo-Mikroskopie große Fortschritte hinsichtlich der Detektion von frühmalignen Veränderungen gemacht werden. Ein derzeit ungelöstes  Problem stellt jedoch die für diese Verfahren notwendige Expertise und Lernkurve dar, welche umso flacher verläuft, je spezialisierter das Verfahren ist. Somit haben diese Zusatzverfahren keinen Eingang  in die breite Anwendung der gastrointestinalen Endoskopie (niedergelassener Bereich/primärer/sekundärer Krankenhausbereich) gefunden, sondern kommen ausschließlich im tertiären (klinischen) Setup - und selbst hier aufgrund des enormen Zeitaufwandes nur inkonstant - zur Anwendung.
Die Folge in praktisch allen westlichen Ländern sind - vor allem im Vergleich mit der Anwendung in Japan - deutlich niedrigere Detektionsraten von frühmalignen/malignen Veränderungen im  Gastrointestinaltrakt. Gleichzeitig  ist die Häufigkeit von bösartigen Tumoren vor allem  in zwei gastroenterologischen Organgebieten  (in der Übergangszone der Speiseröhre  in den Magen und im Dickdarm) deutlich steigend, sodass diesbezüglich größter Bedarf einer zuverlässigen und hohen Detektionsrate ebendieser Veränderungen besteht.

Alle detektierten Frühveränderungen des Gastrointestinaltraktes können ? bis zu einem bestimmten Wachstumsstadium ? mittlerweile endoskopisch, d. h. OHNE Operation entfernt werden. Bei bereits weiter fortgeschrittenen, rechtzeitig erkannten Veränderungen ist durch einen chirurgischen Eingriff  Heilung in hohem Maße möglich. Somit kommt der Früherkennung in diesem Organgebiet sowohl aus Sicht der betroffenen PatientInnen, als auch aus gesundheitspolitisch bzw. volkswirtschaftlicher Sicht größte Bedeutung zu.

Aktuelle Entwicklungen bezüglich Automatisierungen in der Auswertung fokussieren  auf die Dickdarmschleimhaut. 
Im Gegensatz dazu beschäftigt sich dieses Projekt mit dem noch kaum behandelten Übergang vom Magen zur Speiseröhre.  Die Tatsache, dass Krebserkrankungen der unteren Speisröhre immer deutlicher zunehmen, machen höhere Detektionsraten spezieller regelhafter Schleimhautveränderungen im Zuge der Entstehung eines bösartigen Tumors in diesem Bereich dringend notwendig.  Die Herausforderung in diesem  Organgebiet ergibt sich aus der Tatsache, dass Veränderungen schwieriger zu erkennen sind als im Darmtrakt (enges Lumen/starke Organbewegungen  durch Unruhe der PatientInnen). Weiters gibt es hier auch noch keine visuelle Beschreibung einzelner Veränderungsstufen.  Berücksichtigt man jedoch die  Tatsache, dass die histologischen  Veränderungen der Schleimhaut im Gastrointestinaltrakt in allen Organgebieten regelhaft  verlaufen  (sog. Adenom-Karzinom Sequenz)  ist davon auszugehen, dass diese einer automatisierten  Detektion zugänglich sind. Der erste Schritt ist somit der endoskopisch-makroskopische Nachweis dieser oben beschriebenen Veränderungen der Schleimhaut. Im folgenden Schritt soll geklärt werden, ob diese regelhaften Veränderungen automatisiert erkennbar sind. Dies kann in jedem Einzelfall ausschließlich durch Korrelation des histopathologischen  Substrates zum endoskopisch erfassten Bilddatensatz determiniert werden.
Das Ergebnis dieser Analyse wird dann als Basis für die algorithmische Abbildung hergenommen. Somit wird entweder eine direkte Klassifikation umgesetzt, oder eine allgemeine Interpretation der Ist-Situation (was ist gerade sichtbar), wobei beide Ansätze auf den beschreibenden Merkmalen der Bilddaten  beruhen.

Zusammenfassend ist aufgrund der derzeit unbefriedigenden endoskopischen  Detektionsraten frühmaligner Veränderungen im Gastrointestinaltrakt die Entwicklung einer bilddatengestützten, automatisierten Erkennung der regelhaften Veränderungen  im Zuge der stufenweisen  Entwicklung bösartiger Tumore der Schlüssel für höhere Detektionsraten. Das Langzeitziel der mit diesem Projekt startenden  Entwicklung  ist  daher eine absolut objektive, UntersucherInnen-unabhängige Bewertungsunterstützung. Die Integration dieses Verfahrens  in derzeit gebräuchliche  Endoskopie-Prozessoren in allen Bereichen der medizinischen Versorgung (v.a. in der breiten Anwendung im niedergelassenen Bereich, in welchem ein großer Teil diagnostischer Endoskopien durchgeführt wird) könnte zu einer noch nicht abzuschätzenden Hebung der Prozessqualität und damit der Früherkennung von bösartigen Veränderungen führen.

Projektlaufzeit
08/2011 - 07/2012