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Jamming und Spoofing: Werden die Störer unserer Navigationssysteme unterschätzt?

Beim gestrigen 69. Digitaldialog fanden sich rund 70 Interessierte im Grazer Headquarter der JOANNEUM RESEARCH ein, um von Experten mehr über die Empfindlichkeit unserer im Alltag dauernd präsenten Navigationssysteme zu erfahren.

Jamming und Spoofing: Werden die Störer unserer Navigationssysteme unterschätzt?
v.li.: Ing. DI (FH) Oliver Skrbinjek (Energie Steiermark AG), Dr. Philipp Berglez (TeleConsult Austria GmbH), Rüdiger Heim (IGASPIN GmbH), Michael Würger, BSc MSc (Institut für Militärisches Geowesen des Österreichischen Bundesheers), DI Roman Lesjak (JOANNEUM RESEARCH - DIGITAL), DI Dr. Heinz Mayer (JOANNEUM RESEARCH - DIGITAL), Foto: JOANNEUM RESEARCH/Buchgraber


Gleich vorneweg: Ja, GPS-Signale können gestört werden. Und nein, es gibt keinen Grund zur Panik, sagten die Experten.

Heinz Mayer, Direktor von DIGITAL, dem Institut für Informations- und Kommunikationstechnologien der JOANNEUM RESEARCH, übernahm gleich zu Beginn der Veranstaltung die Erklärung der Fachbegriffe: Jamming wird der Vorgang genannt, den Empfang eines Signals zu unterbinden, wohingegen Spoofing durch täuschend ähnliche Signale stört und manipuliert. Beides stiftet Unfrieden, verursacht aber aufgrund der fortgeschrittenen Technik keine solchen Schäden, die im zivilen Bereich Panik auslösen müssten.

Die globale Satellitennavigation, GPS beziehungsweise GNSS als Echtzeitpositionierungssystem, spielt im Alltag jedes Einzelnen eine große Rolle, beispielsweise um mithilfe eines Navigationssystems von A nach B zu kommen. GNSS wird vielfach auch von kritischen Infrastrukturen wie Mobilfunk- oder Stromnetzen oder im Finanzsektor verwendet, um nicht nur die Positionen, sondern auch die aktuelle Zeit hochgenau zu bestimmen.

GNSS-Signale haben auf der Erde eine relativ geringe Signalstärke, weshalb es für Cyber-Kriminelle verhältnismäßig einfach ist, zum Beispiel durch Jamming oder Spoofing den GNSS-Empfang zu stören oder mutwillig zu verfälschen. „Um GNSS nutzen zu können, sind mindestens vier Satelliten notwendig, die sich alle die Frequenzbänder teilen. Das Senden auf diesen Frequenzen, also das bewusste Stören der Satellitensignale, ist illegal“, erklärte DIGITAL-Experte Roman Lesjak im Rahmen seines Vortrags. Und dennoch sind zum Beispiel Jammer, also Störsender, um rund zehn Euro erhältlich und im Einsatz. Wer jammt? Zum Beispiel Personen, die sich nicht vom Arbeitgeber überwachen lassen möchten, etwa LKW-Fahrerinnen und Fahrer.

Bei Spoofing, also dem Senden von ähnlichen Signalen, handelt es sich um eine ganz gezielte Manipulation und es ist im Gegensatz zu Jamming kaum erkennbar. „Problematisch im Zusammenhang mit kritischen Infrastrukturen ist die Störung des Faktors Zeit, sie hat mehr Gewicht, als die Störung des Faktors Position“, erläuterte Lesjak.

In einer von Christian Klug von der Wiener Netze GmbH gestalteten Präsentation wurden Sicherheitsaspekte bezüglich des Systems EPOSA diskutiert, das ergänzend zu den Satellitensignalen eine hochgenaue Echtzeitpositionierung ermöglicht. Wer sind die gewerblichen Nutzer solcher Echtzeitpositionierungssysteme und wen können bewusste Störungen betreffen? Alle automatisierten mobilen Systeme wie Baufahrzeuge, Drohnen, Lokomotiven oder hochautomatisierte Fahrzeuge, die digitalisierte Landwirtschaft, Naturgefahrenüberwachung wie beispielsweise das Monitoren von Hangrutschungen oder aber Leistungsdokumente von Energiesystemen. Diesem speziellen Thema widmete sich Oliver Skrbinjek von der Energie Steiermark in seinem Impulsvortrag.

Im militärischen Umfeld sind diese Cyber-Attacken natürlich kritischer zu bewerten. Die Forschung konzentriert sich laut Lesjak aktuell auf die Lokalisation von Störsendern und auf den Schutz vor Störsignalen.

Im Anschluss an die Vorträge diskutierten Roman Lesjak (JOANNEUM RESEARCH), Phillip Berglez (Teleconsult Austria), Oliver Skrbinjek (Energie Steiermark), Rüdiger Hein (IGASPIN) sowie Michael Würger (Institut für Militärisches Geowesen des Österreichischen Bundesheers). Durch die Diskussion führte Heinz Mayer (JOANNEUM RESEARCH).

Der „Digitaldialog“ ist eine Veranstaltungsreihe des Silicon Alps Clusters und wird in Kooperation mit den Partnern FH Campus 02, JOANNEUM RESEARCH, IT Community Styria und FH Kärnten durchgeführt. Bei dieser Reihe, die bereits im Jahr 2011 von der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG ins Leben gerufen wurde, geben anerkannte Technologieexpertinnen und -experten Einblick in ihr Betätigungsfeld.

Foto: JOANNEUM RESEARCH/Buchgraber