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Pionierleistung aus Österreich

Einem Team von Spezialist*innen der JOANNEUM RESEARCH ist im Bereich Satellitenkommunikation eine Pionierleistung gelungen: Erstmals können Satellitensignale im W-Band empfangen werden.

Pionierleistung aus Österreich
Michael Schmidt mit dem Cubesat, Foto: JOANNEUM RESEARCH/Bergmann

 

Funkfrequenzen und Bandbreiten sind eine global heiß umkämpfte Ressource. Es geht vor allem um terrestrische Anwendungen, insbesondere um die Kommunikation zwischen Geräten (Internet-of-Things). Der daraus und aus der Vielzahl der CubeSats und Megakonstellationen, die im Orbit unterwegs sind, folgende Bandbreitenbedarf ist enorm. Nun wurden zum ersten Mal in Graz, am Dach der JOANNEUM RESEARCH, Satellitensignale bei 75 GHz aus 500 Kilometern Höhe empfangen. Diese sendet der W-CubeSat, der am 30. Juni 2021 als Teil der Nutzlast an Bord einer Falcon-9-Rakete von Cape Canaveral in einen polaren Orbit startete. Ziel ist es, 75-GHz-(W-Band) und 37,5-GHz-(QBand)-Signale auszusenden und neues Wissen über die atmosphärischen Abschwächungen bei der Ausbreitung von Funksignalen in einem so hohen Frequenzband zu generieren.

 

Neue Datenhighways

Der Kapazitätsbedarf zur Datenübertragung steigt heute zunehmend. Weltweit wird an neuen Datenhighways für den digitalen Konsum geforscht. Neben immer strikteren Regelungen weicht man auch zu immer höheren Frequenzen aus. Um die neuen leistungsstarken Satelliten ans Internet anzubinden, werden jetzt neue Frequenzen getestet. Das klingt einfach, ist aber komplex, da die kurzen Wellenlängen vom Wettergeschehen stark beeinflusst werden und nicht jeder Frequenzbereich sich für die Übertragung eignet.

„So ist gewissermaßen ein Wettlauf zu beobachten, wer sich früher die sehr hohen Frequenzen zunutze machen kann“, erklärt der Nachrichtentechniker und Experte für Weltraumkommunikation Michael Schmidt von DIGITAL.

 

Technisches Neuland betreten

Während die sogenannten Ka-und-KuBand-Frequenzen (20/30 und 12/14 GHz) bereits genutzt werden, gibt es einige Forschungsaktivitäten und experimentelle Satellitenpayloads im Q/V-Band-Bereich (40/50 GHz). Das W-Band (71-76 GHz für Satellitenkommunikation) war bis vor kurzem noch Zukunftsmusik. „Zwar gab es Versuche internationaler Player, aber noch sind keine Ergebnisse bekannt“, erklärt Schmidt. Mit dem Empfang und dem Start der Auswertungen leisten die Grazer Forscher*innen gemeinsam mit dem internationalen Projektteam Pionierarbeit:

„Die Messphase beginnt jetzt mit den ersten Signalen, die wir vom W-CubeSat empfangen. Wir müssen das neue Band verstehen, um es bestmöglich nutzen zu können. Mit den Ergebnissen wird es möglich sein, Modelle zu erstellen, um die Dimensionierung von Satellitenstrecken zu ermöglichen und den Betrieb effizient durchzuführen“, so der Projektleiter Schmidt. „Wir haben technologisches Neuland betreten und sind damit in Europa ganz vorn dabei“, freut sich Schmidt.

Die Entwicklung des W-CubeSat fand in Finnland statt. Der Minisatellit ist fünf- bis sechsmal pro Tag von Graz aus sichtbar.

 

Internationale Zusammenarbeit

Die Empfangsantenne wurde vom Projektpartner Luis Cupido Technologies entwickelt, der Satellit von Reaktor Space Lab, Fraunhofer und VTT Technical Research Centre of Finland, die eingegangenen Daten werden vom Team der JOANNEUM RESEARCH, das auch die Projektleitung innehat, und der Universität Stuttgart ausgewertet.

 

Finanzierung

Das Projekt wurde nach einer kompetitiven internationalen ESA-Ausschreibung vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie mit rund einer Million Euro gefördert. Somit ist der österreichische Beitrag auch der Größte im Projektkonsortium. Die Länder Finnland, Deutschland und Portugal unterstützten das Vorhaben ebenfalls mit insgesamt zwei Millionen Euro.