JOANNEUM RESEARCH

„LoadShift“ – Lastverschiebung in kommunalen Kläranlagen: Ein relevantes Potenzial für Smart Grids?

Publication from Life
Klimaneutrale Energiesysteme und Lebensstile

Reinhofer-Gubisch M., Pucker J.

Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft Volume 66, 11/2014

Abstract:

Das Projekt „LoadShift“, welches im Rahmen der 4. Ausschreibung „Neue Energien 2020“ vom Österreichischen Klima- und Energiefonds gefördert wurde, untersuchte die Potenziale der Verschiebung der Elektrizitätsnachfrage getrennt für die Sektoren Industrie, Gewerbe, Haushalte und kommunale Infrastruktur. Zur Abschätzung des Potenzials für elektrische Lastverschiebung im Bereich der kommunalen Infrastruktur wurden innerhalb des Projekts Untersuchungen der verfahrenstechnischen bzw. anlagenspezifischen Möglichkeiten zur Verschiebung von elektrischen Lasten im Bereich der kommunalen Abwasserreinigung durchgeführt. Die Analyse von vier ausgewählten Kläranlagen, welche in ihren Größen und ihrer Technologie repräsentativ für die Struktur der Abwasserreinigung in Österreich sind, ergaben differenzierte Potenziale der elektrischen Lastverschiebung für die einzelnen Anlagenbeispiele. Es stellte sich heraus, dass bei den nach dem Prinzip mechanisch-biologischer Abwasserreinigungsanlagen ohne anaerobe Schlammstabilisierung arbeitenden Beispielanlagen (Anlagengröße 5.500 bzw. 45.000 EW) nur die Zurverfügungstellung von positiver Regelleistung (Lastreduktion) durch gezieltes Abschalten von einzelnen Anlagenteilen relevant ist, wobei hier das größte Potenzial bei einer Abschaltdauer von bis zu 5 min bzw. bis zu 15 min festgestellt werden konnte. Die Beispielsanlage mit einem Anschlusswert von 950.000 EW (mechanisch-biologische Reinigung mit Schlammfaulung und Blockheizkraftwerk) ist durch betriebsinterne Lastverschiebung bereits energetisch derart optimiert, dass nur die Zurverfügungstellung von negativer Regelleistung durch Abschalten des Blockheizkraftwerkes (BHKW) und die Nutzung des Gasspeichers relevant sind. Für das Praxisbeispiel einer Kleinkläranlage (Sequencing Batch Reactor, „SBR-Anlage“) konnte für den Abwasserreinigungsprozess aufgrund geringer Betriebszeiten der elektrischen Aggregate keine Möglichkeit der Lastverschiebung festgestellt werden. Allerdings gibt es hier Potenziale im Bereich der Pumpleistungen für die Abwasserzuleitung bzw. bei der Klärschlammentsorgung. Basierend auf der „Bottom-Up-Methode“ und der „Top-Down-Methode“ zur Abschätzung eines gesamtösterreichischen Potenzials zur Lastverschiebung in Kläranlagen (> 2.000 EW) ergab die Hochrechnung ein Lastverschiebepotenzial für positive Regelleistung durch Abschalten von Anlagenkomponenten für die Dauer von 5 min zwischen 22 und 27 MW, bei einer Abschaltdauer von 15 min zwischen 21 und 26 MW und bei einer Abschaltdauer von 60 min zwischen 2 und 3 MW. Weiters wurden im Rahmen des Projekts spezifische Kosten zur Realisierung der Lastverschiebungspotenziale für zusätzliche Installation in Software und Mess- bzw. Regelungstechnik abgeschätzt sowie Hemmnisse bzw. Handlungsbedarf zur Umsetzung der Lastverschiebung im Bereich der Abwasserreinigung identifiziert.