HEALTH

BARS – Real-World-Daten für die COVID-19-Risikostratifizierung

BARS, das Benchmarking and Reporting Service der JOANNEUM RESEARCH, kann für die COVID-19 Risikoabschätzung eingesetzt werden. DI Dr. Klaus Donsa, Leiter der Kompetenzgruppe Clinical Decision Support von JOANNEUM RESEARCH stellte BARS im Rahmen des ScanBalt Digital Forum 2020 einem internationalen Publikum vor. Dieses fand am 9. September 2020 statt, um eine gemeinsame Erklärung über die notwendigen Schritte zur Schaffung des gemeinsamen europäischen Gesundheitsdatenraums zu formulieren.

BARS – Real-World-Daten für die COVID-19-Risikostratifizierung
Credit: JOANNEUM RESEARCH/Bergmann
Hochwertige Real-World-Daten (RWD) zur Charakterisierung gefährdeter älterer Menschen

Hochwertige Real-World-Daten (RWD) zur Charakterisierung gefährdeter älterer Menschen

Seit mehr als zwölf Jahren wird das bestehende Data Warehouse und web-basierte System BARS (Benchmarking and Reporting Service) in Österreich und Deutschland zur Qualitätssicherung, sowie zur Planung und Forschung im Gesundheitswesen eingesetzt. Das System wurde in beiden Ländern von medizinischem Fachpersonal verwendet, um einheitliche RWD in den Bereichen Geriatrie, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Hepatitis C strukturiert zu erheben. Rund 40 Prozent aller österreichischen Akutgeriatrie- und Remobilisierungseinrichtungen nutzen BARS und nehmen an einem offenen Audit- und Feedback-Qualitätssicherungsprogramm teil. Dadurch wurde eine einzigartige, qualitativ hochwertige Datenbasis zur Versorgungsqualität mit Daten aus der klinischen Routine aufgebaut. BARS wird derzeit modernisiert und mit innovativen eHealth-Systemen zur Pflegeprozess- und Entscheidungsunterstützung verbunden. Die aktuelle COVID-Pandemie hat gezeigt, dass BARS auch für regionale Risikostratifizierung verwendet werden könnte, um Pandemiemodelle mit hochwertigen RWD zu versorgen. Aufgrund der großflächigen Umsetzung von BARS in Österreich könnten bereits jetzt regionale Aussagen abgeleitet werden.

Unbekanntes Risikopotenzial (Frailty, COVID-19 o.ä.)

Unbekanntes Risikopotenzial (Frailty, COVID-19, o.ä.)

Die Risikoausstattung von Patient/innen sind medizinischem Fachpersonal und Entscheidungsträger/innen oft nicht bekannt: z.B.: "Welche Art von Komplikationen sind bei Operationen eines bestimmten Patienten zu erwarten?” oder “Wie wahrscheinlich treten beim Patienten Komplikationen auf?“. Die für die Risikostratifizierung erforderlichen Informationen sind häufig fragmentiert und nicht standardisiert, obwohl diese Informationen für eine effiziente evidenzbasierte Entscheidungsfindung und Ressourcenplanung notwendig wären.

Frailty ist ein häufiges geriatrisches Syndrom, das bei älteren Menschen ein erhöhtes Risiko negativer Gesundheits- und Funktionseinbußen mit sich bringt. Gekennzeichnet ist es durch eine Reduktion der Funktionsfähigkeit verschiedener physiologischer Systeme und erhöhter Anfälligkeit für Stressoren. Darüber hinaus hat es erhebliche Auswirkungen auf die klinische Praxis und das Gesundheitswesen.

Gezielter Einsatz von Ressourcen in der Geriatrie

Gezielter Einsatz von Ressourcen in der Geriatrie

Eine umfangreiche Metaanalyse hat gezeigt, dass ältere Menschen mit Frailty signifikant von gezielten Interventionen profitieren, indem dadurch ihre Gesundheit und Unabhängigkeit verbessert wird (Ellis et al. 2011, Cochrane). Aufgrund begrenzter Ressourcen im Gesundheitswesen ist es jedoch notwendig, den Zugang zu spezialisierten Gesundheitseinrichtungen zu regulieren. Daher müssen Patient/innen nach bestimmten Kriterien ausgewählt werden. Das Alter allein hat dabei wenig Aussagekraft – es bedarf eines aussagekräftigeren Prognosefaktors: der Frailty.

Frailty-Screening wird international verwendet, um Patient/innen zu identifizieren, die von gezielten Interventionen profitieren können. Es sind verschiedene Instrumente verfügbar. Zu den bekanntesten gehören der Frailty Phänotyp, der Electronic Frailty Index sowie die Clinical Frailty Scale. Kürzlich haben Studien gezeigt, dass Frailty auch für die Risikostratifizierung bei der aktuellen COVID-Pandemie von Bedeutung ist, da schwere Krankheitsverläufe einer COVID-19-Erkrankung besser durch Frailty als durch Alter oder die Komorbiditäten vorhergesagt werden können (Hewitt et al. 2020, Lancet).

Evidenzbasierte Ressourcenplanung

Evidenzbasierte Ressourcenplanung

Die Modernisierung des BARS-Systems und seine Verknüpfung mit innovativen eHealth-Systemen (Abb. 1) begann 2018 und wurde vom Gesundheitsfonds Steiermark und Kärnten gefördert. Dies beinhaltete die automatisierte Sammlung von RWD aus Pflegeprozessen zur Qualitätssicherung und um eine prospektive und retrospektive Risikostratifizierung in der Geriatrie zu ermöglichen.

Abb. 1: Risikostratifizierung und Qualitätssicherung mit BARS und den verknüpften innovativen eHealth-Systemen

Außerhalb der Akutgeriatrie ermöglicht das Leitsystem schnelles Frailty-Screening in Notaufnahmen oder chirurgischen Abteilungen. Das Leitsystem wird derzeit als Software als Medizinprodukt entwickelt. Innerhalb der Akutgeriatrie bietet das Therapie/Monitoring-System Prozess- und Entscheidungsunterstützung zur Erfassung hochwertiger und strukturierter RWD. 2021 sind Piloten in Krankenhäusern in verschiedenen österreichischen Bundesländern geplant. Die gesammelten RWD ermöglichen:

  • eine Risikostratifizierung für medizinisches Fachpersonal auf Einzelpatientenebene durch das BARS Leitsystem, sowie
  • regionale Risikostratifizierung für einen schweren Krankheitsverlauf (z.B. COVID-19 oder Grippe).

Die strukturierten RWD aus vielen Gesundheitseinrichtungen ermöglichen eine Charakterisierung des Risikopotenzials, basierend auf Frailty, Komorbiditäten, Demografie o.ä. durch Anwendung verschiedener Datenmodelle (Abb. 2). Dies erlaubt Entscheidungsträger/innen im Gesundheitssystem eine fundierte und detaillierte Ressourcenplanung.

Abb. 2: Evidenzbasierte Ressourcenplanung durch: a) Risikopotential aufgrund von Frailty, Komorbiditäten, etc. b) Demografische Modelle, c) Regionale Modelle, d) Pandemie Modelle

Fazit

Fazit

BARS ermöglicht eine automatisierte und standardisierte Erfassung von RWD bei Risikogruppen, sowie eine prospektive und retrospektive Identifikation von Risikopatienten. RWD zum Risikopotential kann für regionale Ressourcenplanung und für die Festlegung von Maßnahmen zur Risikominderung verwendet werden, z.B. um Regionen zu identifizieren wo zuerst geimpft werden sollte.

 

Die Kompetenzgruppe Clinical Decision Support von JOANNEUM RESEARCH arbeitet daran, medizinische Behandlungsabläufe durch die Entwicklung moderner eHealth und mHealth Lösungen zu verbessern. JOANNEUM RESEARCH ist Mitglied des BioNanoNet Forschungsnetzwerks. Gemeinsam entwickeln sie eine Initiative zur Förderung eines digitalen Gesundheitswesens und führen Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet innovativer Gesundheitsversorgung in Europa durch.

 

 

Kontakt:

DI Dr. Klaus Donsa, Leiter Kompetenzgruppe Clinical Decision Support
JOANNEUM RESEARCH HEALTH - Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften