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Der Produktionsstandort Europa in Zeiten des Klimawandels

Zehn Prozent der globalen Treibhausgasemissionen gehen zu Lasten der Stahlindustrie. In Alpbach wurde diskutiert, wie – mithilfe Europas „Green Deal“ – die Emissionsziele erreicht werden können und dabei sichergestellt werden kann, dass Europa ein strategischer Produktionsstandort bleibt. Diskutiert wurde unter anderem in einer Session auf Einladung der JOANNEUM RESEARCH. Franz Prettenthaler, Direktor von LIFE, dem Institut für Klima, Energie und Gesellschaft, moderierte die Diskussion.

Franz Prettenthaler bei den Alpbacher-Technologiegesprächen zum Thema Produktionsstandort Europa in Zeiten des Klimawandels.
JOANNEUM RESEARCH LIFE bei den Alpbacher-Technologiegesprächen zum Thema Produktionsstandort Europa in Zeiten des Klimawandels, Foto: JOANNEUM RESEARCH/ Wiedenhofer

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Die gesamte Session können Sie hier nachsehen: 

Franz Prettenthaler, Direktor von LIFE, dem Institut für Klima, Energie und Gesellschaft, moderierte die Diskussion.

https://vimeo.com/454004182/8a2a90841b


Auch die Technologiegespräche fanden erstmals rein virtuell statt. In der Session waren die deutsche Klimawissenschafterin Daniela Jacob, Kerstin Jorna, Generaldirektorin für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU bei der Europäischen Kommission, Wim van der Stricht, CTO von ArcelorMittal, IES-Forscher Tomas Wyns, Politikberater des Klimaministeriums Josef Falko Loher und Matthias Pastl, Senior Vice President Group Environment & Government Relations bei der voestalpine AG, zugeschalten. Michael Kernitzkyi und Martin Beermann, beide Forscher der JOANNEUM RESEARCH, steuerten Daten und Fakten bei. Wolfgang Polt, Direktor von POLICIES, dem Institut für Wirtschafts- und Innovationsforschung der JOANNEUM RESEARCH, berichtete im Videobeitrag über Status und Potenziale von IPCEI - transnationalen Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse. 


Klimaneutralität Europas

Europa soll der erste klimaneutrale Kontinent werden und bis 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freisetzen. Insgesamt sollen nach Vorgabe der Kommission eine Milliarde Euro in vielversprechende Projekte rund um CO2-arme Lösungen für energieintensive Industriezweige investiert werden. Zudem erfordert die Klimaneutralität Europas aber auch einen erweiterten Blickwinkel über die territorialen Grenzen Europas hinaus, denn der Konsum in Europa verursacht auch in anderen Teilen der Welt Treibhausgasemissionen. Wissenschaftlich werden diese über Lebenszyklusanalysen sowie konsumbasierte Treibhausgasbilanzen miteinbezogen, beides Schwerpunkte von JOANNEUM RESEARCH LIFE, wo an Projekten zur Dekarbonisierung mit Stahlerzeugern unterschiedlicher Größe – von der Marienhütte über die voestalpine bis hin zum weltweit größten Stahlproduzenten ArcelorMittal – geforscht wird.

Die Notwendigkeit, dass sich die Industrie so rasch wie möglich in Richtung Klimaneutralität bewegen muss, unterstrich die Klimawissenschafterin Daniela Jacob:

„Es ist klar, dass wir nur dann gewinnen können, wenn wir jetzt agieren. Wir müssen ein wenig Gas geben, um die Erwärmung aufzuhalten. Wir leben am Beginn einer neuen Ära: neue grüne Technologien, neue grüne Jobs – und ja, wir können unser Leben ändern. Wir können nicht mehr warten – es ist nicht genug, was wir bisher getan haben. Jedes halbe Grad, jedes Jahr und jede Entscheidung macht einen Unterschied.“


Der "Green Deal"

Diskutiert wurden die Rahmenbedingungen für die Erfüllung des „Green Deal“ und die Standortsicherung: Schlagworte dabei waren IPCEI (Important Projects of Common European Interest), Investitionen, Grenzsteuer und der EU-Emissionshandel. Kerstin Jorna, Generaldirektorin bei der Europäischen Kommission, sieht es als wesentlich an, dass die Wertschöpfungsketten in Europa zusammengebracht werden,

Europa hat eine Strategie, man braucht aber auch Projekte und Investments“.


Dekarbonisierung von Produktion

Die Vertreter der Industrie, Wim van der Stricht (ArcelorMittal) und Matthias Pastl (voestalpine group), gewährten Einblick in ihre Strategien zur Dekarbonisierung von Produktion. ArcelorMittal entwickelte etwa in Hamburg ein neues, innovatives Projekt, im Rahmen dessen direkt reduziertes Eisen (DRI) mit 100 Prozent Wasserstoff als Reduktionsmittel verwendet wird und eine Jahresproduktion von 100.000 Tonnen Stahl zum Ziel hat. Das Stahlunternehmen übernimmt damit eine Vorreiterrolle in Europa. Auch die voestalpine group beschreitet den Weg in Richtung klimaneutrale Produktion und setzt in der Grundstahlproduktion auf den Ersatz von fossiler Energie durch erneuerbare Elektrizität beziehungsweise Wasserstoff. Pastl prognostiziert dadurch ein Einsparungspotenzial der CO2-Emissionen von 80 Prozent bis 2050. Es sei aber nicht nur eine Frage der Technologien, die zu einer klimaneutralen Produktion führen, sondern auch eine Frage der Verfügbarkeit von erneuerbaren Ressourcen und Infrastrukturen, der Wirtschaftlichkeit sowie des Spannungsfeldes Politik, Fördermanagement und der Märkte.


Die Alpbacher Technologiegespräche werden von der AIT Austrian Institute of Technology GmbH und ORF Radio Österreich 1 in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Forum Alpbach veranstaltet.

 

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