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JOANNEUM RESEARCH knackt den Kernöl-Code

Kann man den Herkunftsangaben auf Lebensmitteletiketten Glauben schenken? Was bedeutet „geschützte geografische Angabe“ (g.g.A.) und wie sicher kann sich der Konsument sein? Anhand des „Steirischen Kürbiskernöls“ definierte ein Forscherteam der JOANNEUM RESEARCH eine völlig neue Methodenkombination, um die Herkunft des echten steirischen Kernöls mit Sicherheit nachzuweisen.

Hermann Katz im Laborzentrum der JOANNEUM RESEARCH
Projektleiter Hermann Katz im Laborzentrum der JOANNEUM RESEARCH. Credit: JOANNEUM RESEARCH/Ramspacher
Albrecht Leis bei der Bestimmung der isotopischen Signaturen der Elemente Wasserstoff und Kohlenstoff aus den Kürbiskernölen.
Albrecht Leis bei der Bestimmung der isotopischen Signaturen der Elemente Wasserstoff und Kohlenstoff aus den Kürbiskernölen. Credit: JOANNEUM RESEARCH/Ramspacher

Beinahe täglich sind Berichte über unzureichende oder falsche Herkunftsangaben auf Lebensmittelverpackungen zu finden. Als Konsument ist man verwirrt: Pferdefleisch im Hamburger, Erdbeerjoghurt ohne Erdbeeren und eben auch Kernöl aus China. 2012 zeigte eine VKI-Studie, dass mehr als die Hälfte der untersuchten Kürbiskernöle sicher nicht aus Österreich stammten (Quelle: www.konsument.at, Ausgabe 6/2012). Und auch die geschützte geografische Angabe „Steirisches Kürbiskernöl“ konnte nicht mit Sicherheit verifiziert werden.

Die JOANNEUM RESEARCH startete mit den Forschungsgruppen „Statistische Anwendungen“ (POLICIES) und „Wasserressourcen und Umweltanalytik“ (ehemals RESOURCES) ein sogenanntes Exzellenzprojekt. Ziel war es, eine Methodenkombination für einen gesicherten Herkunftsnachweis von Kernöl aus den steirischen Bezirken des g.g.A.-Gebietes (das gesamte g.g.A.-Gebiet umfasst Teile der Steiermark, des Burgenlandes und von Niederösterreich) zu bestimmen. Damit die Bestimmung zuverlässig ist, sind aussagekräftige chemisch-analytische Beurteilungsmerkmale Grundvoraussetzung. Die passenden statistischen (Klassifikations-)Modelle stellen den Zusammenhang zwischen Beurteilungsmerkmalen und der Herkunftsregion dar.
 
Es hat sich gezeigt, dass es nicht ausreicht, nur ein analytisches Verfahren für die Zuordnung der Öle zu verwenden, weil damit die Herkunft nur mit rund 60-prozentiger Wahrscheinlichkeit bestimmt werden kann. Das ist nicht viel. „Unser Ansatz war, drei methodisch unterschiedliche Analyseverfahren für die chemische Charakterisierung von Kernölen so zu kombinieren, dass die Sicherheit der Klassifikation bei rund 95 Prozent liegt. Die Herausforderung bestand darin, ein geeignetes statistisches Modell festzulegen, das die einzelnen Untersuchungsergebnisse zu einer Endaussage kombiniert und so eine genaue Klassifikation von Kernölen zulässt“, erklärt Projektleiter DI Hermann Katz.
 
Das Team rund um Dipl. Chem. Dr. Albrecht Leis definierte im Laborzentrum der JOANNEUM RESEARCH, Institut RESOURCES, gemeinsam mit Wissenschaftlern der Technischen Universität Graz eine Kombination von drei Analyseverfahren, die für die vorliegende Problemstellung geeignet sind. Leis befasst sich seit 15 Jahren unter anderem intensiv mit dem Thema Isotopenhydrologie und zählt zu den international renommierten Experten.

Kombiniert werden

  • die Bestimmung der isotopischen Signaturen der Elemente Wasserstoff und Kohlenstoff aus den Kürbiskernölen,
  • Bestimmung des Profils der Seltenen Erdelemente (SEE) in Öl- und Bodenproben aus unterschiedlichen Teilen des Anbaugebietes und
  • die Analyse von 1H Kernresonanzspektren (1H NMR) der Kürbiskernöle.

„Die beste Klassifikation konnte mit allen drei Variablengruppen erzielt werden. Da jedoch die Untersuchung der Seltenen Erden relativ aufwendig und dementsprechend teuer ist, wurde außerdem versucht, eine möglichst ökonomische Methodenkombination mit ausreichend hoher Treffsicherheit zu finden. Als wirtschaftlich beste Variante konnte für Kernöl eine Kombination von Isotopenanalytik und Kernspinresonanzspektroskopie identifiziert werden“, erklärt Katz.

Interessant sind solche kombinierten Klassifikationsmodelle für Unternehmen der Lebensmittelbranche, die sich mit Qualitätsprodukten aus bestimmten Regionen beschäftigen. Die Kombination aussagekräftiger analytischer Methoden mit statistischen Verfahren ist auch für andere pflanzlichen Lebensmitteln gut geeignet. „Aktuell arbeiten wir an der Analyse von echt steirischen Äpfeln“, erzählt der Statistiker.