POLICIES

Südtirol: Welche Flächen eigenen sich für den Weinbau?

Am 22. November 2019 präsentierten die Weinbauexpert/innen des Versuchszentrums Laimburg gemeinsam mit ihren Forschungspartnern aus Südtirol und Kärnten ein neues digitales Tool, mit dem man die Eignung landwirtschaftlicher Flächen für den Weinbau bewerten kann. Das Bewertungsmodell ist Ergebnis des grenzüberschreitenden Interreg-Projekts REBECKA.

Südtirol: Welche Flächen eigenen sich für den Weinbau?
Credit: VZL
Südtirol: Welche Flächen eigenen sich für den Weinbau?
Das erfolgreiche Projektteam nach der Abschlusspräsentation, Credit: VZL

Die Landwirtschaft im Alpenraum steht in einer globalisierten Welt aufgrund der dort herrschenden weniger günstigen topographischen und sozioökonomischen Voraussetzungen sowie den Auswirkungen des Klimawandels unter großem Druck.

Im Weinbau ist die Ausweisung neuer Parzellen ein kontrovers diskutiertes Thema: Einerseits erlaubt der Weinbau eine hohe Wertschöpfung, andererseits stellt die Rebe aber auch hohe Anforderungen an den Standort. Südtirol ist topographisch sehr vielseitig und weist auf engstem Raum Flächen auf unterschiedlichen Höhenlagen, mit unterschiedlicher Exposition, Hangneigung und klimatischen Bedingungen auf, dich nicht alle zur Produktion von qualitativ hochwertigen Weinen geeignet sind.

Darum bestehen schon seit Langem Bestrebungen, mittels naturwissenschaftlicher Methoden und objektiver Kriterien zu bestimmen, welche Zonen sich am besten für den Weinbau eignen.  

Ein Bewertungsmodell für geeignete Weinbauflächen in Südtirol und Kärnten

Im Projekt REBECKA, das vom Versuchszentrum Laimburg koordiniert wird und an dem außerdem Eurac Research, JOANNEUM RESEARCH und die Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Kärnten beteiligt sind, haben die Wissenschafter/innen nun ein digitales Modell zur Bewertung der Eignung landwirtschaftlich nutzbarer Flächen für den Weinbau erarbeitet. Dieses Modell liefert verlässliche Informationen darüber, inwieweit jede einzelne Grundparzelle in Südtirol und in Kärnten für den Weinbau geeignet ist. Aufgrund der fortschreitenden Klimaänderung ist das Modell so aufgebaut, dass es an die weitere Entwicklung angepasst werden kann.

„Aufgabe des Versuchszentrums Laimburg ist es wissenschaftlich fundierte Daten und Fakten zu liefern, damit die jeweiligen Entscheidungsträger in Landwirtschaft und Lebensmitteltechnologie die Weichen für die Zukunft stellen können“, betonte der Direktor des Versuchszentrums Laimburg Dr. Michael Oberhuber und fügte hinzu: „Das im Projekt REBECKA erarbeitete Bewertungsmodell liefert objektive und wissenschaftlich fundierte Informationen, auf deren Grundlage nun der Weinsektor entscheiden kann, wo in Südtirol und in Kärnten künftig Weinbau betrieben werden kann und sollte.“

„Die im Rahmen des Projekts gemachten Erkenntnisse sind für die gesamte Landwirtschaft im Alpenraum bedeutsam, da die Ergebnisse auch auf andere Gebiete mit ähnlichen Bedingungen und Problematiken übertragbar sind“, ergänzte Projektleiterin Dr.in Barbara Raifer, die am Versuchszentrum Laimburg den Fachbereich Weinbau verantwortet.

„Der grenzüberschreitende Charakter des Projekts hat es uns ermöglicht, verschiedene Situationen zu berücksichtigen sowie Erfahrungen und Forschungsmethoden auszutauschen. Dadurch ist das Bewertungsmodell noch aussagekräftiger geworden“, erklärten die Projektpartner DI Hermann Katz von JOANNEUM RESEARCH und Mag. Erwin Gartner von der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Kärnten.

Das Projekt REBECKA wurde vom Versuchszentrum Laimburg koordiniert und zusammen mit den Forschungspartner Eurac Research, JOANNEUM RESEARCH und der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Kärnten durchgeführt. Das Projekt wurde aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung im Rahmen des Kooperationsprogramms Interreg V-A Italien-Österreich 2014–2020 finanziert.

Interdisziplinäre und grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Im Projekt REBECKA wurden verschiedene Klima- und Weinbaudaten sowie historische Daten aus Südtirol und Kärnten zusammengeführt und in ein statistisches Bewertungsmodell integriert.

Für die Erhebung und Auswertung der Daten aus den insgesamt 40 Weinbauflächen, 30 in Südtirol und 10 in Kärnten, waren das Versuchszentrum Laimburg und das Zentrum für Obst- und Weinbau der Landwirtschaftskammer Kärnten verantwortlich. Erhoben wurden dabei Wetterdaten, phänologische Daten wie Austrieb, Blüte und Reifebeginn, verschiedene Ertragsparameter wie das Trauben- und Beerengewicht sowie verschiedene Qualitätsparameter. In allen untersuchten Weinanlagen wurden Wetterstationen installiert.

Die Forschungsgesellschaft JOANNEUM RESEARCH analysierte die historischen Erntedaten der letzten 20 Jahre von fünf bedeutenden Südtiroler Kellereigenossenschaften sowie die historischen Daten von 10 Weinbaubetrieben in Kärnten der letzten 12 Jahre und wertete diese statistisch aus.

Eurac Research führte die Weinbau-Daten dann mit dem Prognosemodell aus den historischen Erntedaten der Kellereigenossenschaften zusammen und erarbeitete das Bewertungsmodell.

Ergebnisse des Projekts REBECKA allgemein zugänglich

Das Bewertungsmodell liefert Informationen zu objektiv bewertbaren Parametern wie Temperatur, Strahlung, Topographie und Bewölkungsgrad und ermöglicht dadurch spezifische Lagencharakterisierungen und -vergleiche. Es handelt sich um ein dynamisches Modell, das kontinuierlich aktualisiert und verbessert werden kann und das auch künftigen naturräumlichen und klimatischen Veränderungen Rechnung trägt.

Das Bewertungsmodell kann als Entscheidungshilfe für die Neuausweisung von Weinbauflächen dienen und wird allen Forschungspartnern, assoziierten Partnern des Projekts, der öffentlichen Verwaltung und den landwirtschaftlichen Genossenschaften kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Weitere Informationen zu Zielsetzungen, Methodik und Ergebnissen des Projekts sind in einem Bericht über das Projekt REBECKA im Laimburg Journal, der frei zugänglichen wissenschaftlichen Online-Zeitschrift des Versuchszentrums Laimburg, einsehbar.